DE - Nicolai Kirche Appingedam

Führungsbüchlein für Besucher der Kirche - pdf

Einleitung                                                                                                                                                                                        

Die Nicolai-Kirche ist eine in drei Schiffe geteilte Hallenkirche in romantisch-gotischem Stil.
Diese Kirche ist die größte in der Provinz Groningen, wenn man die Martini-Kirche und die A-Kirche in der Stadt Groningen außer Betracht lässt. Sic wurde in sieben Bauphasen errichtet zwischen etwa 1200 und1560.
Der Bau folgte genau der Entwicklung der Stadt Appingedam.
Diese Stadt entstand am Anfang des 13. Jahrhunderts als Schiffer, Kaufleute und Handwerker sieh dort niederließen wo der kleine Fluss die Apt zusammenfloss mit der Delf, einem Entwässerungskanal, der damals zur Emsmündung gegraben wurde. Die ausgezeichnete Verbindung mit dem offenen Meer führte dazu dass die Siedlung sieh in kurzer Zeit zu einem blühenden Zentrum für Markt und Handel entwickelte.

 
Die Baugeschichte

Plan Nicolai Kirche Appingedam NLZwischen 1200 und 1225 wurde zunächst einen einfache Kirche gebaut, ein Saalbau, der bestand aus den ersten zwei Trassen des Mittelschiffes und einem angebauten Turm an der Westseile. Zwischen 1250 und 1275 wurde die Kirche vergrößert: es kam ein Querbau dazu. Der halte eine Chortrasse mit melonenförmigen Kuppel Gewölben. So entstand eine Kreuzkirche.

Eine zweite vieleckige Chortrasse mit Strahlgewölben entstand zwischen 1300 und 1350.
Im 15. Jahrhundert folgten aus westlicher Richtung die Nord- und Südschiffe. Jedes bestand aus zwei Trassen. Sie sind versehen mit vierteiligen Kreuzrippengewölben. Zwischen 1430 und 1500 fand im Nordosten der Anbau der Sakristei statt. Die diente dazu, liturgische Kleidung und Attribute für die Messe wegzuschließen. Auch entstand halbwegs der Wendeltreppe die zu den Gewölben führt eine Schatzkammer.
Etwa 1500 wurde die Joseph-Kapelle mit Kreuzgewölbe an der Südseite gebaut. Die letzte Phase war der Bau der Marien-Kapelle an der Nordseite mit einem komplizierten Netzgewölbe. 
 
Durch den Wohlstand und den Bevölkerungszuwachs und die Zunahme Anzahlliturgischer Handlungen war die einfache Kirche innerhalb 360 Jahren ausgewachsen zu einer eindrucksvollen, in drei Schiffe geteilten Hallenkirche.
 
Größe: Länge etwa 48 m, Breite etwa 28 m (von außen gemessen), Höhe von der Spitze des Gewölbes bis zum Fußboden etwa 13 m.
 
Kirche war ursprünglich der Heiligen Jungfrau geweiht. Dies geht hervor aus einer Päpstlichen Bulle aus dem Jahr 1331. Am Anfang des 15. Jahrhunderts wurde sie St. Niklaus, dem Schutzheiligen Schiffer und umherziehenden Kaufleute geweiht.
 
Kirche hatte ursprünglich einen angebauten Turm an der Westseite. In 1557 wurde dieser Turm abgerissen, weil man glaubte, er drückte zu schwer auf das Kirchengebäude. Er wurde ersetzt durch einen schönen, schweren Turm an der Nordseite, der nicht an der Kirche erbaut war. Dieser wurde 1835 wegen Baufälligkeit abgerissen. Der jetzige Turm passt was Größe und Stil betrifft nicht ganz zu den umstehende Gebäuden.


 
Die Gewölbe und Kapitelle

Die Gewölbe in dem Teil der Kirche, der zur ursprünglichen Kreuzkirche gehört, sind kuppelförmig und die Fenster klein und halbrund in romanischem Baustil. Die Strahl-, Kreuz- und Sterngewölbe und die spitzeren Fenster der Seitenschiffe deuten auf den späteren gotischen Baustil. Die meisten Kapitelle ("Polster" wo die Gewölbe auf den Säulen) sind ziemlich einfach.

 
Das Innere des Gebäudes

Neben der Tür zur Sakristei befindet sich das "Sakramentshäuschen". Hier wurde die Hostie aufbewahrt. Ursprünglich gab es vor diesem Raum eine Tür, die verriegelt werden konnte.
Während der vorletzten Restauration (1949-1954) wurde in der Sakristei ein "Lavabo" entdeckt, ein Waschbecken wo sich die Priester die Hände waschen konnten und worin das religiöse Geschirr gespült wurde. Durch die "Piscina" (Abfuhr) kamen mit dem Spülwasser etwaige Reste van Messwein und Hostien in den geweihten Boden des Friedhofes. Die Priester hatten ihre eigene Wasserversorgung. Bei der Restauration kam ein kleiner Brunnen zum Vorschein, der bedeckt war mit einer Platte die die Aufschrift "Brunnen" trug.


Die Malereien

A. Die ornamentalen Motive

Die ältesten ornamentalen Motive (13. und 14. Jahrhundert) sind sichtbar auf den Rippen, Bogen und Gewölben der zwei ältesten Trassen des Mittelschiffes. Diese Motive (Blumen und Blätter) deuten auf Einfluss der Zisterzienser Mönche.

Die übrige Rankendekorationen, Block- und Blattmotive, sind an mehreren Stellen in der Kirche sichtbar, namentlich in der Nordkapelle. Sie stammen aus der zweiten Hälfte des 15. und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

B. Die figuralen Malereien

Selbstverständlich fehlen die Schutzheiligen der Kirche, die Mutter Gottes und der heilige Nikolaus in den Wandmalereien nicht. Ein Bild von Maria sieht man in dem zweiten Trassengewölbe des Mittelschiffes mit dem Jesuskind auf dem Arm, stehend in einer Mondsichel. Sankt Niklaus, der Schutzheilige der Schiffer und umherziehenden Kaufleute, ist abgebildet im Chor, im Bischofsgewand mit Stab und Bischofsmütze.
 
Auf dem westlichsten Gewölbe des Mittelschiffes findet man Christus mit dem für Fürsten kennzeichnenden Attribut, dem Reichsapfel, Symbol für seinen Macht als König der Welt.
In einem der Schmuckringe an der Südseite dieses Gewölbes ist der Apostel Andreas dargestellt mit dem Querkreuz woran man ihn festgenagelt haben sollte.
Zwischen den Ranken in der Südkapelle befinden sich merkwürdige, kleinen Narrenköpfe, von denen noch zweieinhalb übrig sind.
 
Auffallend im Vierung Gewölbe sind die Gestalten der Vier Gekrönten Märtyrer, der Schutzheiligen der Bauarbeiter, ursprünglich der Steinmetzen. Es sind Castorius mit einem Meißel, Sempromianus mit einem Maurerkeller, Claudius mit einem Zirkel und Nicostraius mit einem Winkelhaken.
 
In der Rosette des Vierungsgewölbes befindet sich einen Rekonstruktion des alten Bürgersiegels: Maria mit ihrem Sohn, umgeben von zwei Engeln.


Kriege, Zerstörungen, Restaurationen

Durch die bürgerkriegsähnlichen Unruhen im I5. und Anfang des 16. Jahrhunderts und durch die Herrschsucht und den Neid der Stadt Groningen hat es viele Kriege gegeben in Appingedam und Umgebung. Sogar in der Kirche selbst sind Menschen ermordet worden.
In der Marien-Kapelle gibt es eine Rosette van einem Denkmal des Ostfriesischen Belagerers Junker Gerdt tho Dornum, der hier zurückgeblieben und gestorben ist nach einer berüchtigten Belagerung im Jahre 1514. Die Kirche halte damals erheblichen Schaden erlitten. Zwischen I545 und I570 wurde sie restauriert. Das liest man in dem Gewölbe der zweiten Trasse im Mittelschiff.
 

Die Reformation

Nachdem 1594 Stadt und Provinz Groningen zurückgeführt waren in die Union der Vereinigten Niederlanden folgte der Übergang zum Protestantismus. Der Kalvinismus wurde Staatsreligion und die Regierung befahl alles was an die katholischen Gottesdienste erinnerte aus den Kirchen zu entfernen. Bilder und Kirchenschmuck wurden verkauft oder zerstört und die Malereien sollten weiß übertüncht werden. Dieser Befehl wurde aber nicht völlig ausgeführt. Bei der Restauration zwischen 1948 und 1954 ist ein beträchtlicher
Teil der Malereien wieder zum Vorschein gekommen. Ornamentale Dekoration wurde in beschränktem Masse restauriert.

Die Grabplatten

Die Nicolai-Kirche besitzt eine Sammlung von 64 Grabplatten, die während der Restauration aufs neu geordnet wurden. In der Kirche wurden in früheren Jahrhunderten Geistliche, Angehörige des Landadels und vornehme Bürger bestattet. Die ältesten Grabplatten haben die Form eines Trapezes und dienten als Deckel für Sarkophage. Die älteste die ein Datum trägt, stammt aus 1489. Sie trägt auch ein Wappen mit drei Rosen, einen Halbkreis mit einem lateinischen Kreuz. Sie steht an der Wand des Seitenschiffes im Nordwesten.
 
Die Platte die senkrecht steht gegen die Wand, die im Asten den Chor abtrennt, hat man je gebraucht als Altartisch. Als Zeichen der Weihe sind fünf Kreuze eingehauen. Als nach der Reformation die Altäre aus den Kirchen verschwanden, wurde den Tisch als Grabstein benutzt.
 
Nach der Reformation wurden Gläubige und Besucher mittels Inschriften auf rechteckigen, steinernen Grabplatten an verstorbene Stadtväter, Geistliche und ihre Gattinnen erinnert.
Das Bestatten von Verstorbenen in der Kirche ist seit 1 Januar 1829 verboten.


Die Kanzel

Die Kanzel aus Eichenholz stammt aus 1665. Sie hat einen rechteckigen "Becher" und ist versehen mit schönen Holzschnitzereien. Der Schalldeckel hat einen Fries mit Figuren van Tieren und Fabeltieren. Der Becher stützt sich auf einen Pelikan, im Nest stehend mit drei Jungen, die sich ernähren mit dem Blut der Mutter (ein mittelalterliches Symbol der Selbstopfernden Liebe).


Das Gestühl

In der Kirche sind zwei durch Treppen zugängliche Hochgestühle. Das größere das teilweise in dem Südschiff steht und teilweise im Mittelschiff, war früher reserviert für die Stadtväter. Außerhalb der oberen Eingangstür gibt es noch einen Sitz. Der war bestimmt für den Stadtboten, dessen Aufgabe es offensichtlich war die Würdenträger zu begleiten. Ziemlich nutzlos stehen hier und da in der Kirche noch einige "Herrenbänke".

Die Orgel

Aus Archiven geht hervor dass die Kirche jedenfalls in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts über eine Orgel verfügte. In 1744 wurde sie völlig renoviert durch den Orgelbauer Albertus Anthoni Hinsz.
Die schönen Holzschnitzereien am Orgelgehäuse und am Geländer sind hergestellt worden von Casper Struiwigh. Die drei großen, freistehenden Bilder oben stellen den harfenspielenden König David und zwei musizierende Frauen dar. Weiter sehen Sie musizierende Kinder, Figuren und Engel, die auf Posaunen blasen. Zwischen 1967 und 1970 wurde die Orgel restauriert. Sie spielt nicht nur heim Gesang der Gemeinde, auch Orgelkonzerte werden gegeben.
 
Dieser Text ist aus dem Führungsbüchlein für Besucher der Kirche